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Leseprobe

Die Erben Babylons

Buch 1 - Gestrandet

Kapitel 1 - 2001 Erdzeit

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„Aeron, komm bitte auf die Brücke”, ertönt es aus der 

Lautsprecheranlage. Es ist das erste Mal, dass Katreena mich ruft und ich muss sagen, es beunruhigt mich. Wir sind jetzt seit zwei Jahren unterwegs und sie hat mich noch nie während des Fluges gerufen. 

Gut, von den zwei Jahren befanden wir uns die meiste Zeit über auf den Planeten, auf denen ich meine Forschungen durchführe, aber dazwischen sind wir jeweils 2 bis 4 Wochen unterwegs.

Mit einer unguten Vorahnung mache ich mich auf den Weg zur Brücke, wo ich Katreena im Gespräch mit Otero finde.

„Gut, dass du da bist”, meint sie. Wir haben eine Fluktuation im Energiefeldgenerator festgestellt. Keine allzu große Sache, aber wir müssen aus dem Hyperraum raus, um das zu reparieren.”

„Könnt ihr das nicht machen, wenn wir auf Epidos  gelandet sind? Dann hättet ihr reichlich Zeit, denn ich brauche dort mindestens 4 Monate.”

„Theoretisch ja”, meint Otero, „aber es besteht ein nicht unerhebliches Risiko, falls der Generator komplett ausfällt. Wir könnten dann noch nicht einmal mehr sicher landen und wären ein Ziel für jeden Meteoriten in unserer Flugbahn.”

„Verstehe. Wie lange werdet ihr brauchen?”

„Höchstens einen Tag. Vielleicht geht es aber auch viel schneller.”

„Alles klar. Sagt Bescheid, wenn ich helfen kann,” biete ich an und gehe wieder in mein Labor. Ich habe noch einig Experimente, die ich durchführen möchte und die Transferzeiten zwischen den Planeten geben mir die Zeit, um an meinen Projekten zu arbeiten.

 

Katreena

Es ist wirklich ärgerlich, dass so etwas mitten im Flug passiert. Normalerweise gibt der Computer eine Warnung beim Check vor dem Flug, wenn auch nur die geringste Möglichkeit besteht, dass etwas nicht in Ordnung ist.

Im Hyperraum sind wir blind, aber den Be- rechnungen aus Zeit, Geschwindigkeit und Kurs zufolge, müssten wir in der Nähe eines bisher unerforschten Planetensystems sein, wenn ich in 15 Sekunden in den Normalraum wechsele.

Ja, es gibt noch immer unendlich viele unerforschte Systeme. Unser Volk hat sich zwar seit über zehntausend Jahren immer weiter ausgedehnt, als aber vor etwa viertausend Jahren die Geburtenrate zurückging und sich die Bevölkerung nicht mehr im gleichen Maße vermehrte, ließ auch die Lust auf Neuentdeckungen nach. Aeron führt das darauf zurück, dass wir alles im Überfluss haben und es keine Herausforderungen mehr gibt. Wir leben in Frieden mit den uns bekannten Lebewesen, es gibt keine Konflikte und unsere Kolonialwelten brauchen uns schon lange nicht mehr.

Aeron ist Verhaltensforscher und er untersucht die Veränderungen auf den Kolonialwelten, also, wie sich das jeweilige Klima und andere Umweltbedingungen auf das Verhalten und die Entwicklung der Bewohner auswirken. Aber das ist alles Wissenschaftskram, mit dem ich mich nicht auskenne. 

Seine Universität hat mich und mein Raumschiff, die Aurelia, für eine fünfjährige Mission angeheuert, damit ich ihn zu den zu erforschenden Welten chauffiere und diesen Job habe ich mit Freuden angenommen. 

 

Als wir in den Normalraum übergehen, scanne ich sofort die Umgebung des Schiffs. Man kann ja nie wissen, ob etwas in der Flugbahn ist. Andere Schiffe sind hier unwahrscheinlich, aber Asteroiden liegen durchaus im Bereich des Möglichen.

Wir sind in einem System mit einer mittelgroßen, gelben Sonne und auf den ersten Blick kann ich sechs Planeten orten. Es können durchaus mehr sein, die jedoch zurzeit auf der anderen Seite der Sonne sind.

Zu meinem Routinescan gehört auch die Suche nach Funksignalen und erstaunlicherweise finde ich hier sogar welche. Offenbar ist einer der Planeten bewohnt und technisch in der Lage, starke Signale aus- zusenden. Das ist etwas, was ich dem Forschungs- ministerium auf Babylon melden muss. Die werden die Welt und die Bewohner unauffällig beobachten und analysieren, um zu sehen, wie weit sie sich entwickelt haben und ob sie eine Bedrohung für uns darstellen.

Ich fange allerdings noch ein Signal auf. Es kommt auf der Notfrequenz der Tyraaner, ein befreundetes und unter Wasser lebendes Volk.

Das Signal ist sehr schwach, obwohl es von dem uns am nächsten liegenden und größten der sechs Planeten kommt. Die Scanner zeigen an, dass es sich um einen Gasriesen handelt, der für Menschen unbewohnbar ist, weshalb es sich bei dem Signal um ein Raumschiff in Not handeln muss. Etwas, was ich auf keinen Fall ignorieren darf.

 

Otero hatte sich direkt an die Arbeit gemacht, denn das notwendige Ersatzteil haben wir zum Glück an Bord. Otero ist mein Mechaniker und bereits seit 9 Jahren auf der Aurelia. Ja, wir sind nur eine zwei Mann Besatzung, aber für diesen Schiffstyp braucht man auch nicht mehr. Im Grunde genommen ist die Aurelia ein intergalaktisches Taxi und kein Frachter oder eines der wenigen Militärschiffe, die Babylon noch unterhält.

Was an der Reparatur so lange dauert, ist, überhaupt erst mal an das defekte Teil zu kommen. Dafür muss Otero den ganzen Generator zerlegen und später wieder zusammenbauen.

In der Zwischenzeit nähere ich mich langsam dem Gasriesen, von dem das Notsignal kommt. Auf Rufe von mir hat bisher niemand geantwortet, daher muss ich davon ausgehen, dass niemand mehr am Leben ist. Auch die geringe Signalstärke lässt darauf schließen, dass der Unfall bereits vor langer Zeit geschah und die Energiereserven zu Ende gehen.

Dennoch ist es ein eisernes Gesetz, dass ich nachschaue, was los ist und wenn möglich helfe.

Beim Abendessen diskutieren wir drei über die Situation und sind uns einig, der Sache auf den Grund zu gehen, solange unser Schiff nicht gefährdet wird. Ein größeres Risiko einzugehen, ist aufgrund des schwachen Signals und dem daraus zu folgernden Zeitpunkt des Unfalls nicht angebracht.

 

Nachdem Otero die Reparatur beendet hat und kein System noch Probleme anzeigt, machen wir uns auf den Weg zum Notsignal.

 

Wir befinden uns bereits in der Umlaufbahn des Planeten. Erstaunlicherweise hat dieser fast 100 Monde, variierend von 20 km Durchmesser bis zu über 6000 km. Keiner davon ist allerdings auch nur annähernd geeignet, Leben hervorzubringen.

Als wir uns dem Signal nähern, tauche ich in die Atmosphäre des Gasriesen ein.  Hier ist es mehr als nur ungemütlich. Es toben heftige Methangasstürme und unsere Trägheitsdämpfer haben einiges zu tun, um das Schlingern des Schiffs auszugleichen.

Das Signal scheint aus einem Tal inmitten eines Gebirges zu kommen - viel zu eng für die Aurelia. Wahrscheinlich kommt das Signal von einem kleinen Rettungsboot, aber leider können wir hier nichts ausrichten und ich gebe einen Kurs ein, der uns wieder aus der Atmosphäre bringt. 

Wir sind noch nicht weit gekommen, als es eine unvorstellbare Entladung inmitten des Sturms gibt. Diese Entladung ist selbst für unseren Energieschirm zu viel und er fängt an zu flackern. Offenbar ist doch mehr defekt, als wir feststellen konnten. Da will man helfen und dann so etwas.

Sofort gehe ich auf die höchstmögliche Ge- schwindigkeit innerhalb der Atmosphäre, um uns aus der Gefahrenzone zu bringen, denn wenn uns eine solche Entladung ohne einwandfrei funktionierenden Schutzschirm erwischt, werden wir getoastet.

 

Nach 2 Minuten, die uns allerdings wie 2 Stunden vorkommen, sind wir wieder im All. Otero macht sich sofort auf die Fehlersuche, während Aeron und ich uns damit beschäftigen, unsere Nerven zu beruhigen. Na ja, er mehr als ich. Wissenschaftler, was soll ich sagen.

 

„Sieht nicht gut aus”, meint Otero, als ich in den Maschinenraum komme. „Die meisten der Transmitterantennen sind durchgeschmort. Wir müssen Ersatz herstellen. Das können wir zwar hier an Bord, aber wir brauchen dazu Rohmaterial, das wir nicht haben. Außerdem ist der Funk ausgefallen, denn auch alle anderen Antennen sind hinüber.”

„Der dritte Planet scheint Leben und auch bereits Technologie entwickelt zu haben. Schaffen wir es gefahrlos bis dahin?”

„Ja, gib mir eine Stunde und ich konfiguriere die vorhandenen Transmitter so, dass sie ausreichend Schutz vor kleineren Einschlägen bieten. Vermeide aber größere Brocken.”

„Gut, danke, ich programmiere den Kurs, sag Bescheid, wenn du so weit bist.”

 

Ich wage es nicht, mit hoher Geschwindigkeit zu fliegen und daher brauchen wir 9 Stunden bis zum dritten Planeten des Systems. Was vor uns erscheint, ist eine wirklich schöne Welt. Ein blauer Planet mit mehr Wasser- als Landfläche. Die Atmosphäre ist für uns wie geschaffen. Zwar etwas mehr O2, als wir es gewohnt sind, aber das ist nichts, was uns Probleme machen wird.

Was uns am meisten überrascht, ist, dass Menschen auf diesem Planeten leben. 

Wir können mit unseren empfindlichen Kameras große Städte erkennen und es sieht so aus, als wenn die Bevölkerung bodengebundene Fahrzeuge und auch Luftfahrzeuge nutzt. Die Atmosphäre ist allerdings stark verunreinigt, zeigen die Scann Werte. Offensichtlich hinken sie noch Jahrhunderte hinter unserer Technologie her und geben sich nicht wirklich Mühe, die Luft sauber zu halten. Barbarisch.

„Das ergibt keinen Sinn”, meint Aeron. „Dies ist keine registrierte Kolonie und es ist schon seit mindestens 2500 Jahren kein Kolonisationsschiff mehr gestartet. Wieso sollte jemand heimlich einen Planeten kolonisieren, wenn er doch dadurch keinerlei Hilfestellung von uns erwarten kann, weil wir nichts von ihm wissen? Das ist doch kein bisschen logisch.”

„Keine Ahnung, uns bleibt aber nichts anderes übrig, als zu landen und die Reparaturen durchführen. Ich hoffe nur, dass sie wenigstens freundlich sind.”

 

Ich steure langsam in die Atmosphäre, denn ich möchte auf keinen Fall, dass wir bedrohlich wirken, außerdem würden die Schilde die Belastung nicht überstehen. Wir haben gerade eine halbe Umkreisung des Planeten hinter uns und suchen einen Landeplatz, als mehrere Luftfahrzeuge auf uns zukommen. Sie umkreisen uns, halten sich aber ansonsten zurück. Hoffentlich begreifen sie, dass wir keinen Funk haben.

Offenbar nicht, denn kaum nähern wir uns der nächsten Landmasse, feuern sie Raketen auf uns ab. Den meisten kann ich ausweichen, aber zwei treffen uns. Die erste ist schon ausreichend, um den ohnehin nicht richtig funktionierenden Energieschirm zusammenbrechen zu lassen und die zweite erwischt uns voll.

Die Aurelia gerät ins Trudeln und die Oberfläche kommt rasend schnell näher. Die Schwer- kraftgeneratoren müssen wohl ausgefallen sein, aber zum Glück nicht die Trägheitsdämpfer, sonst würden wir unkontrolliert durch das Schiff geschleudert werden.

Kurz vor dem Aufschlag stabilisieren sich die Antischwerkraftfelder und ich kann das Schiff halbwegs sanft auf der Wasseroberfläche aufsetzen. Notgedrungen erhöhe ich dann sofort die Schwerkraft, sodass die Aurelia wie ein Stein sinkt. Der Schutzschirm ist ebenfalls wieder online, wenn auch nur mit einer 10%igen Leistung, aber immerhin reicht das, um uns vor dem Wasserdruck zu schützen. Ganz schön viel Glück im Unglück.

Wichtig ist jetzt erst mal, dass wir hier verschwinden, denn sicher wird jemand uns suchen, und so unfreundlich, wie wir empfangen wurden, lege ich auf die Bekanntschaft dieser Leute keinen ge- steigerten Wert.

Während wir sinken, habe ich endlich Zeit, mich umzusehen. Otero ist nicht auf der Brücke, also ist er sicher bereits im Maschinenraum und untersucht die Schäden. Aeron dagegen sitzt leichenblass in seinem Beobachtersessel.

„Otero, wie ist die Lage?”, frage ich über die Bordsprechanlage, während ich irgendeinen Kurs nehme. Ich kenne mich hier eh nicht aus und das oberste Gebot für uns ist jetzt, erst mal von hier wegzukommen.

Ich rufe noch mehrmals nach Otero, bekomme aber keine Antwort.

„Ich schaue mal nach ihm. Vielleicht ist die Kommunikationsanlage ebenfalls ausgefallen”, sagt Aeron und macht sich auf den Weg. Offenbar hat er den Schock halbwegs überwunden.

Das Manövrieren unter Wasser ist schwierig und wir kommen nur sehr langsam voran. Nach einer Stunde haben wir gerade mal 40 km zurückgelegt. Als Aeron zurückkommt, ist er schon wieder leichenblass.

„Katreena, es tut mir unendlich leid, aber Otero war wohl im Maschinenraum, als es eine Entladung am Generator gab und das hat er nicht überlebt.” 

Ich bin unfähig etwas zu sagen. Das kann nicht sein. In den letzten 9 Jahren sind wir gute Freunde geworden und zusammen durch gute und schlechte Zeiten gegangen. Nie hätte ich gedacht, dass so etwas mal passieren könnte. Wie kann denn auf einmal alles so schiefgehen?

Es dauert lange, bis ich mich aus der Schockstarre befreien kann und in der Lage bin, in den Maschinenraum zu gehen.

Otero liegt auf dem Boden. Aeron hat eine Decke über ihn gelegt und als ich sie anhebe, finde ich eine schwere Brandwunde direkt über dem Herzen. Auch an der Konsole, an der Otero gearbeitet hatte, finde ich Brandspuren.

Wo um alles in der Welt sind wir hier gelandet? Das sind doch Menschen? Wie können die so einfach auf uns schießen? Jetzt sind wir diesen Barbaren auch noch ausgeliefert. 

Ich kann mich einfach nicht mehr zusammenreißen. Der Tod von Otero geht mir unendlich nah und so ist es das erste Mal in meinem Leben, dass ich einen Nervenzusammenbruch bekomme. Es ist alles zu viel; erst die Beinahe-Zerstörung auf diesem verdammten Gasplaneten, der Ausfall der Systeme, der Abschuss und jetzt der Verlust meines Freundes. 

Ich weiß nicht, wie lange ich auf dem Boden sitze und weine, aber irgendwann kommen keine Tränen mehr und dafür kehrt mein Überlebenswille zurück.

Aeron war auf der Brücke geblieben, um alles im Auge zu behalten. Er ist lange genug an Bord, um die wichtigsten Instrumente zu kennen.

„Alles ruhig - soweit ich das beurteilen kann”, meldet er. „Die Scanner zeigen Fluggeräte über der Absturzstelle und Schiffe, die darauf zusteuern. In unsere Richtung ist aber niemand unterwegs. Offenbar können sie uns nicht orten.”

„Das würde mich auch wundern. Der Energieschirm absorbiert die Strahlung der meisten Ortungsgeräte und wir sind immerhin 200 Meter tief.”

„Das hört sich gut an. Ich hatte mir schon Sorgen gemacht. Wie geht es denn jetzt bloß weiter?”

„Wir sehen erst mal zu, dass wir so viel Abstand wie möglich gewinnen. Es hilft, dass es so viele Ozeane gibt, in denen wir uns verstecken können. Natürlich hoffe ich, dass es hier unter Wasser keine Wesen gibt, die uns genauso wenig wohlgesonnen sind, wie die, die wir gerade getroffen haben. Aber die Schiffe, die zur Absturzstelle unterwegs sind, wären dann auch gefährdet und soweit ich das sehe, haben sie keine Unterwasserabwehr, sodass ich davon ausgehe, dass es hier keine Seeungeheuer gibt. Wir suchen uns am besten eine abgelegene Stelle in Ufernähe, machen eine Schadenanalyse und erkunden dann die Einheimischen. Danach sehen wir weiter. Hast du sonst noch Vorschläge?”

„Am besten fährst du Richtung Norden, denn dort ist das Wasser kühler und die Chance, dass Leute dort schwimmen gehen, deutlich geringer.”

„Guter Rat. Wenn wir erstmal ein wenig sicheren Abstand gewonnen haben, wäre es nett von dir, wenn du mir helfen würdest, Otero in eine Kältekammer zu bringen. Er hat eine ordentliche Raumbestattung verdient, denn das All war sein Zuhause, so wie es meines ist.”

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Kapitel 2 - Überleben

Katreena

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Nachdem wir fast eineinhalb Tage Richtung Norden unterwegs waren, finden wir endlich einen Platz vor einer Küste, wo wir die Aurelia fast vollständig unter einem Felsvorsprung verstecken können. Gemeinsam mit dem Energiefeld und der Tatsache, dass sie in 100 m Tiefe liegt, sollte sie für die hiesige Technik unsichtbar sein. Hoffen wir jedenfalls.

Es war uns zwar nicht möglich, größere Reparaturen durchzuführen, aber zumindest den energetischen Schutzschirm konnte ich stabilisieren und seine Leistung auf 30% steigern, sodass wir guten Gewissens von Bord gehen können.

Unsere persönlichen energetischen Schutzschirme, die in den Raumanzügen integriert sind, schützen uns dabei nicht nur vor dem enormen Druck des Wassers, sondern enthalten auch eine ausreichende Menge an Atemluft und so ausgerüstet lassen wir uns an die Oberfläche treiben.

Wir tragen unsere Raumanzüge, denn sie haben den enormen Vorteil, dass sie neben den genannten Schutzschirmen auch kleine Schwerkraftgeneratoren beinhalten. Diese bauen ein Feld auf, in dem die Schwerkraft manipuliert werden kann. Beim Auftauchen erhöhen wir sie, um nicht unkontrolliert in einer Luftblase nach oben zu schießen und anschließend verringern wir sie wieder, damit wir über der Wasseroberfläche zum Ufer gleiten können.

Unsere Raumanzüge sind nicht nur in der Lage, die Schwerkraft zu erhöhen und zu verringern, sie können sie auch manipulieren, sodass wir uns in jede beliebige Richtung bewegen können. Es ist das gleiche Prinzip, mit dem sich unsere Raumschiffe oder auch die an die Atmosphäre gebundenen Luftfahrzeuge unseres Volkes bewegen. Solange Schwerkraft vorhanden ist, können wir uns bewegen. Nur außerhalb einer Schwerkraftquelle werden andere Antriebe eingesetzt.

Dank dieser Technik schaffen wir die 10 km bis zur Küste in nur wenigen Minuten.

Wir haben die Nacht gewählt, um an Land zu gehen, denn wir wollten sichergehen, dass uns niemand sieht, denn zuallererst brauchen wir mehr Informationen, bevor wir uns zu erkennen geben und um Hilfe bitten. Ich denke, nach dem warmen Empfang, den man uns bereitet hat, ist das eine logische Entscheidung.

 

Wir beschließen, die erste Nacht im Schutz unserer Energieschirme am Strand zu verbringen. Wir haben Glück, denn offenbar ist gerade eine warme Jahreszeit und die Temperaturen sind erträglich. So weit im Norden wird es sicherlich sehr kalt, wie die vereisten Polkappen des Planeten erahnen lassen.

Kaum übermannt mich die Müdigkeit, schrecke ich immer wieder schnell aus dem Schlaf hoch - wenn man diesen Zustand überhaupt Schlaf nennen kann. Wir versuchen krampfhaft wach zu bleiben und Ausschau nach eventuellen Gefahren zu halten, denn wir sind verständlicherweise nervös, fühlen uns verfolgt und sind angespannt, weil wir nicht wissen, was auf uns zukommt. Aber glücklicherweise vergeht die Nacht ohne unangenehme Überraschungen.

 

Als endlich der Morgen graut, verstecken wir unsere Raumanzüge in einer Felsspalte am Strand, denn ich fürchte, dass sie bei diesem unterentwickelten Volk zu sehr auffallen würden. Wie das mit unserer normalen Kleidung ist, werden wir noch sehen.

Als wir nach einem langen Spaziergang endlich auf Menschen treffen, stellen wir erleichtert fest, dass hier eine große Variation an Bekleidung für normal gehalten wird, sodass unsere Alltagskleidung nicht wirklich auffällt. Völlig überrascht sind wir allerdings, als wir merken, dass hier tatsächlich eine babylonische Sprache gesprochen wird. Nicht die unseres Heimatplaneten Babylon, aber eine, die wir immerhin verstehen können. Aeron ist darin besonders gut, da sie auf mehreren Kolonialplaneten in verschiedenen Dialekten gesprochen wird und er für seine Verhaltensforschungen schon immer viel kommunizieren musste. Es ist sehr beruhigend zu wissen, dass wir uns verständigen können, sodass wir eine Hürde weniger überwinden müssen.

Was wir schnell herausfinden, ist, dass wir uns auf einer vorgelagerten Insel befinden, die überwiegend vom Fischfang und Tourismus lebt. Nichts, was uns in irgendeiner Form weiterhelfen würde, aber immerhin lernen wir schon mal die Art der Zahlungsmittel kennen und verschaffen uns einen allgemeinen Überblick darüber, was wir benötigen, um unauffällig zu bleiben. In erster Linie ist das die hiesige Währung, Dollar, genannt. In einem Gespräch, mit einem überraschenderweise sehr netten Menschen, erfahren wir, dass das Land, in dem wir uns befinden, Kanada heißt und die nächste größere Stadt Vancouver ist, wo wir wohl an ehesten auf Technik stoßen, die uns weiterhelfen kann.

 

Da wir noch kein Geld haben, um uns ein Hotel leisten zu können, greifen wir auf unser Notfallgepäck zurück, das wir in unseren Rucksäcken mitgebracht haben, und bauen uns in der Wildnis ein Zelt auf. Fürs Erste haben wir genügend Vorräte, um eine Weile überleben zu können, wenn wir uns einschränken. Tagsüber halten wir uns in der Stadt auf, um möglichst viel der hiesigen Sitten zu erlernen und nachts schlafen wir im Schutz der Energie- schirme. Das hat sich schon mehrfach als äußerst sinnvoll erwiesen, denn nicht nur einige größere Raubtiere haben sich bei unserem Anblick schon die Lefzen geleckt, sondern auch winzige Insekten sind scharf auf unser Blut.

Gegen die Raubtiere wehren wir uns mit dem Laser, die ihnen schon bei einer geringen Einstellung genug Schmerzen zufügen, um sie zu vertreiben, aber gegen die kleinen Plagegeister hilft das natürlich nicht. Sie kommen zwar nicht durch das Energiefeld, aber das ständige Gesumme und die Tatsache, dass wir nur sehr dünne Matratzen haben, lassen jede Nacht zu einem fortwährenden Albtraum werden. Und der Gipfel ist für mich, dass ich morgens noch nicht einmal Sikar, mein erklärtes Lieblingsgetränk, bekomme. 

Meine Stimmung ist bereits ganz weit unter null – ich liebe diesen Planeten.

 

Was wir auf unserer Erkundung gelernt haben, ist, dass sich die Technik in den letzten Jahrzehnten schneller entwickelt hat als in den Jahrhunderten zuvor, wahrscheinlich durch den abnehmenden Einfluss der Kirchen, die offenbar jeden Fortschritt für lange Zeit blockiert hatten. Bei uns gibt es ebenfalls Religionen, aber diese üben keinen so großen Einfluss auf das tägliche Leben der Menschen aus, sondern geben ihren Mitgliedern Hilfe und Halt. Auf keinen Fall aber spielen sie politisch eine Rolle, wie es hier offenbar lange der Fall war.

Wir haben dieses Wissen aus Büchern gelernt, die wir in einem Kasten am Marktplatz gefunden haben. Eine freundliche Frau erklärte uns, dass jeder diese Bücher ausleihen kann und wer möchte, kann selber welche dazutun. Ein seltsames, wenn auch in unserem Fall äußerst nützliches System. Nicht nur, weil noch Papier genutzt wird, sondern auch, dass man so viel Vertrauen hat, davon auszugehen, dass niemand die Bücher stiehlt. Das passt eigentlich nicht zu unseren anderen Beobachtungen bisher. Vielleicht ist ja auch nicht alles schlecht hier. Wir werden sehen.

Schreibt mir gerne wenn ihr Anregungen oder Fragen habt, ich freue mich darauf von euch zu hören.

Wer Interesse hat, Testleser für mein neues Buch zu werden .... schickt mir einfach eine E-Mail.

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