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Leseprobe

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Das Inselabenteuer

Buch 2 - Alltag und Abenteuer

Kapitel 1 - Ärger im Paradies
Alexander
 

Auch bei uns beginnt im September für die Kinder der Ernst des Lebens, denn unsere Schule wird offiziell mit dem ersten Unterricht starten. 

Nicht, dass sie nicht schon vorher genutzt wurde, denn hier mussten schon alle Siedler die Schulbank drücken, die die englische Sprache noch nicht so gut beherrschten, auch die Kleinen.

Die Lehrer, die bereits länger hier waren, hatten dabei den jeweiligen Wissensstand katalogisiert und damit begonnen, ihn auf ein annähernd gleiches Niveau anzupassen. Als Direktor Becker mit seiner Frau kam, hatten die Lehrer lange Tage zusammen-gearbeitet, um ein Unterrichtskonzept zu erarbeiten, das die besten Methoden der jeweiligen Länder berücksichtigte. 

Viel unsinniger Unterricht wurde gestrichen und sinnvollere Lerninhalte aufgenommen. Sie hatten sich darauf geeinigt, dass die Schüler auf das International Baccalaureate (IB) vorbereitet werden, um allen die Möglichkeit zu geben, an fast jeder Uni der Welt zu studieren. Die Eltern waren damit mehr als einverstanden und somit steht dem Start nichts mehr entgegen. 

Wir hatten auch die Idee von Direktor Becker aufgegriffen und ein Konzept für ein Internat entwickelt. Nur werden wir dieses Internat nicht der breiten Bevölkerung anbieten, sondern erweitern damit unser Angebot an die Promis. Deren Kinder haben oft genug mit den gleichen Problemen zu kämpfen wie die Eltern, wenn Reporter wissen, wo sie zur Schule gehen und dann versuchen, Fotos oder Storys zu ergattern. Mal ganz abgesehen von dem Risiko der Entführung, um Lösegeld zu erpressen. 

Die Kinder müssen oftmals von Bodyguards abgeholt werden und haben Probleme, ein normales Sozialleben zu führen. Hier wären sie unter normalen Menschen und könnten sich frei bewegen. Die Schule für ein breiteres Publikum zu öffnen, würde jedoch nur das Risiko erhöhen, dass die falschen Leute Wind von unserem Refugium bekommen.

 

Marys Krankenhaus hat zwar nicht allzu viel Arbeit mit den Siedlern, aber die Flying Doctors sind 3 x die Woche unterwegs auf den Inseln und haben einen so guten Ruf auf Fidschi, dass einige Leute selbst von der Hauptinsel kommen, um sich hier behandeln zu lassen. Besonders Mei hat viel zu tun. Sie ist eine exzellente Zahnärztin und viele der wohlhabenden Menschen auf den Inseln scheuen keine Mühen, um sich von ihr behandeln zu lassen. Mit dem Zahntechniker in der Praxis kann sie aber auch sehr viel bewirken. 

Marcel denkt darüber nach, eine Weiterbildung in plastischer Chirurgie zu machen. Es stehen hier nicht allzu viele Operationen an und er fühlt sich etwas unterfordert. Auf diese Weise könnte die Klinik Schönheitsoperationen auf einer Trauminsel anbieten. Dadurch würde das Krankenhaus mehr Geld einnehmen, um die Bewohner der Inseln zu versorgen und wir hätten die Möglichkeit, das Hotel um einen Reha-Bereich zu erweitern. 

Mei ist zwar nicht ganz so glücklich darüber, dass Marcel deshalb für ein paar Monate zu einer Weiterbildung in eine Klinik nach Sydney muss, aber da es ansonsten für alle nur Vorteile hat und sie sich durchaus für einige Zeit freinehmen kann, um ihn zu besuchen, ist sie nicht wirklich dagegen.

 

Jordan war für zwei Monate auf der Hauptinsel, um die Besonderheiten der Polizei dort kennenzulernen. Da er ja bereits eine Ausbildung als Polizist hat, musste er diese hier nicht vollständig wiederholen, sondern sich nur die lokalen Gesetze und Regularien einimpfen. Bei uns hat auch er in seiner eigentlichen Funktion - glücklicherweise - nicht viel zu tun, eigentlich gar nichts bisher, weshalb er aufgrund seiner Kenntnisse, bei den Rindern und Pferden aushilft. Besonders gerne aber unterstützt er Mariko. Die beiden sind fast unzertrennlich und eigentlich schon ein Paar, nur muss ihnen das wohl erst noch jemand sagen.

 

Unser Doppelrumpf Boot, die Drua, ist rechtzeitig, bevor die ersten Gäste kamen, fertig geworden. Es ist ein wirklich schönes Boot und bietet für die Gäste ein besonders Erlebnis, wenn sie damit zu ihrem Hotel gefahren werden. 

Gelegentlich versucht ein Urlauber auch schon mal herauszufinden, ob man wirklich ein Boot braucht, um von einer Insel zur anderen zu kommen und schwimmt doch tatsächlich zu uns rüber. Kaum zu glauben, dass eine Insel so manchen nicht langt. So kommen diese experimentierfreudigen Leute zu einer erneuten Lektion darüber, dass Catan privat ist und Besuche, wenn überhaupt, angemeldet werden müssen. Die meisten verstehen das immerhin beim zweiten Mal und schwimmen wieder zurück, nachdem sie sich entschuldigt haben. 

 

Heute aber haben wir ein paar besonders aufdringliche Männer, die einfach durch unsere Siedlung laufen, die Frauen anmachen und sich benehmen, als gehöre ihnen die Welt. Das Problem ist, dass wir auch eine sehr bekannte Schauspielerin hier haben, die dringend eine Pause braucht. 

„Jordan“, rufe ich unseren Sheriff, nachdem ich von Juan auf das Problem aufmerksam gemacht wurde. „Kannst du dich mal um die drei Typen kümmern? Ich versuche in der Zwischenzeit, unseren speziellen Gast zu finden.“ 

„Geht klar“, bestätigt er. Ich spreche noch einige Siedler an, die gerade in der Nähe sind: 

„Hey Leute, wir haben ein Problem. Unser Promi ist hier irgendwo und diese Typen dort machen Randale. Teilt euch bitte auf und sucht sie, erklärt ihr die Situation und wenn notwendig, schirmt sie ab, bis wir die Typen los sind. Die dürfen sie auf keinen Fall sehen.“ Die kleine Gruppe bestätigt meinen Auftrag und sie machen sich unverzüglich auf die Suche. 

Inzwischen funke ich Meira an, um sie vor-zuwarnen, dass sie bald unzufriedene Urlauber zurückbekommt und sie evtl. den Promi be-schwichtigen muss. Ich habe das ungute Gefühl, dass sie ziemlich sauer ist, zumindest flucht sie wie ein Seemann. Die drei Kerle werden wohl etwas verfrüht nach Hause geschickt und wir machen einen kleinen Verlust. 

Ich gehe rüber zu Jordan, um ihn zu unterstützen. 

„Sie können uns nicht verbieten hier zu sein“, höre ich, wie sich einer von ihnen lautstark beschwert. „Das ist einfach eine Insel und es sind viele Leute hier, also ist sie für jeden zugänglich.” 

„Nun, das ist zwar eine nette Theorie, aber mehr leider nicht, denn in der Praxis befindet sich diese Insel in Privatbesitz. Alle Leute, die hier leben und arbeiten, möchten, dass ihre Privatsphäre respektiert wird. Ich muss Sie daher bitten, die Insel zu verlassen und in Ihr Hotel zurückzukehren“, versucht es Jordan höflich. 

„Na, das wollen wir doch erstmal sehen. Ich bin gespannt, wie Sie uns dazu bringen wollen zu gehen? Wir werden uns beschweren und ich werde Sie feuern lassen“, spielt sich ein besonders aggressiver Typ auf. Mittlerweile hat sich eine kleine Gruppe um uns gebildet und ich bemerke, dass sie uns von einem bestimmten Bereich abschirmt. Gerade bin ich sehr stolz auf unsere Siedler. Sie denken wirklich mit.

„Ihre Beschwerde wird hiermit zur Kenntnis genommen“, werfe ich ein. „Ich habe auch bereits die Hotelleitung verständigt und bin sicher, dass sie Ihre Beschwerde auch nochmal aufnimmt. Bei der Polizei haben Sie sich ja auch schon beschwert“, teile ich ihnen mit und deute auf Jordan. „Und da die Insel mir gehört, sind alle Beschwerden beim jeweiligen Ansprechpartner registriert. Wir bitten Sie jetzt erneut, friedlich den Rückzug anzutreten. Sie haben ein schönes Hotel gebucht, genießen Sie es. Ich bin sicher, dass Sie dort eine Fahrt zu einer anderen Insel buchen können, aber die hier wird es definitiv nicht sein.“ 

„Das ist eine Unverschämtheit. Wir werden uns bei der Reisegesellschaft beschweren“, motzt der, mit einer großen Rotzbremse unter der Nase, aber immerhin bewegen sie sich langsam in Richtung Strand. Ich begleite sie mit Jordan und wir beobachten, wie sie zurückschwimmen. 

„Wir sollten hier Haie aussetzen“, schlägt Jordan lachend vor. 

„Ich wäre sofort dabei, wenn das nicht den Badespaß von uns allen ziemlich beeinträchtigen würde“, sage ich bedauernd. 

Als die Kerle wieder an ihrem Strand sind und mit einem bösen Blick zurück zu uns im Wald verschwinden, gehen wir auch. Saki, eine der japanischen Siedlerinnen kommt uns entgegen. 

„Hi Alex, es ist alles gut gegangen. Unser Promi hat nichts bemerkt. Wir haben ihr angeboten, sich die Rinder anzusehen und Kelly ist mit ihr hingeritten.“ 

„Das ist fantastisch. Überhaupt war das gute Arbeit von euch allen. Vielen Dank, Ihr habt prima reagiert.”

Nachdem sich alles etwas beruhigt hat, funke ich Meira wieder an und bringe sie auf den neuesten Stand. 

„Das ist zumindest eine Sorge weniger. Allerdings waren die Kerle schon bei mir, haben sich lautstark beschwert und wiegeln jetzt die anderen Gäste auf. Ich fürchte, das wird ein langer Tag für mich, bis ich alle beruhigt habe.“ 

„Tut mir leid. Bitte sag Bescheid, wenn du Unterstützung brauchst.“ 

 

Es ist schon wirklich eine Frechheit, was sich manche Leute rausnehmen. Die meinen echt, Regeln gelten nur für andere und sie stehen drüber. Meira sagte, dass wir die noch für drei Tage am Hals haben. Daher gebe ich in der Siedlung Bescheid, dass alle die Augen aufhalten sollen, für den Fall, dass sie es nochmal versuchen.

 

Zwei Tage später werde ich von Enzo gerufen, ich solle doch schnell zum Strand kommen. Dort finde ich eine kleine Gruppe von Siedlern und Jordan, der sich um eine weinende Frau kümmert. Als ich näher komme, erkenne ich Lea, die völlig aufgelöst ist. 

„Was ist passiert?“, frage ich Jordan. 

„Lea war im Wasser, als zwei Männer von der anderen Insel rüber geschwommen sind und sie belästigt haben. Gott sei Dank hatte sie an dem Selbstverteidigungskurs teilgenommen. Nachdem sie sich heftig gewehrt und laut um Hilfe gerufen hat, sind sie abgehauen, noch bevor wir ankamen. Aber Lea hat auch ziemlich einstecken müssen. Nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn sie sich nicht gewehrt hätte.“ 

„Kannst du sie beschreiben, Lea?“, frage ich sie und nehme sie in den Arm, um sie zu trösten. 

„Ich glaube, dass es welche von den Kerlen waren, die hier letztens Ärger gemacht haben. Ich erkenne sie sicher wieder, aber damals hatte ich sie nur aus der Entfernung gesehen“, schluchzt sie. 

„Okay, begleitet sie bitte zu Mary, damit sie Lea untersuchen kann“, fordere ich die Umstehenden auf. „Jordan, wir fahren zum Hotel.“ 

Ich informiere Meira über Funk, während wir zum Hovercraft gehen. Sie ist entsetzt und verspricht, die drei mit einigen Angestellten zu suchen und zu beobachten, bis wir da sind. Fünf Minuten später fahren wir bereits auf den Strand vor dem Hotel. Einige der Urlauber beobachten neugierig, was und wer die bisherige wohltuende Stille mit dem lauten Hovercraft unterbricht. Kate kommt uns entgegen. Sie hat hier im Hotel eine Aufgabe gefunden, die ihr wirklich Spaß macht und sie arbeitet seither hier mit Begeisterung. 

„Sie sind in ihrer Villa. Bisher ist alles ruhig. Ich bringe euch hin. Stimmt es, dass sie jemanden angegriffen haben?“ 

„Es sieht so aus. Die haben vor zwei Tagen schon Ärger gemacht und Lea glaubt, sie wiedererkannt zu haben.“ 

„Ehrlich gesagt, kann ich mir das schon lebhaft vorstellen. Die Frauen hier müssen sich vor ihren Kraken-Händen auch ständig in Acht nehmen.“

Das macht mich jetzt noch wütender, wenn das überhaupt möglich ist. Auch Jordan sieht aus, als müsse er sich schwer zusammenreißen, um professionell zu bleiben. 

Meira kommt mit uns, als wir bei der Villa anklopfen. Die drei hatten zwei Villen gemietet, sind aber im Moment gemeinsam in einer. Als die Tür aufgeht, steht der mit dem Schnauzbart vor uns und trägt jetzt dazu ein blaues Auge. 

„Was wollen Sie?“, fragt er barsch. 

„Ich bin von der Polizei und habe ein paar Fragen an Sie“, übernimmt Jordan. „Am besten fangen wir damit an, woher Sie das Veilchen haben.“ 

„Ich weiß zwar nicht, was Sie das angeht, aber stellen Sie sich vor, ich bin hingefallen“, giftet er Jordan an. 

„Sie können uns sicher sagen, wo Sie vor einer Stunde waren?“, macht Jordan weiter und lässt sich durch den aggressiven Tonfall nicht aus der Ruhe bringen. 

„Lassen Sie mich in Ruhe“, brüllt der Typ und versucht die Tür zuzuschlagen. Jordan blockt sie mit dem Fuß und der Hand ab, sodass sie durch den Schwung zurückschlägt und dem Kerl beinahe noch ein blaues Auge verpasst hätte, leider nur beinahe. 

„Was ist hier los, brüllt ein anderer von innen.“ Wir stoßen die Tür auf und betreten die Villa. Einer der drei, der aggressive Typ vom letzten Mal, hält sich einen Eisbeutel auf die Wange und der Dritte kommt auf uns zu und geht doch tatsächlich auf Jordan los. Offenbar lernt man bei der Polizei auch ein paar brauchbare Griffe, jedenfalls liegt der Typ mit Handschellen auf dem Boden, noch bevor ich richtig mitbekommen habe, wie das passiert ist.

„Wo hast du denn die Handschellen auf einmal her?“, frage ich verwundert, da ich gar keine bei ihm gesehen hatte. 

„Hab ich immer dabei, denn man kann ja nie wissen, wann man sie braucht“, sagt er grinsend. „So, meine Herren, jetzt erzählen Sie mal, was Sie vor einer Stunde gemacht haben, oder möchte noch jemand wegen Widerstand gegen die Staatsgewalt in den Bau?“ 

„Wir waren hier und hatten eine Auseinander-setzung“, meint der mit dem Veilchen. 

„Wir haben uns inzwischen allerdings wieder beruhigt. Sie können also wieder gehen.“ 

„Sie waren nicht zufällig auf der anderen Insel und haben eine Frau belästigt?“, hakt Jordan nach. „Nein, waren wir nicht, wir haben uns nur gestritten.“ 

„Dann haben Sie sicher nichts gegen eine Gegenüberstellung. Wir wollen ja nicht, dass so ein Verdacht an Ihnen hängenbleibt“, meint Jordan zuckersüß. Jetzt werden die beiden mit den Blessuren doch etwas unruhig.

„Wir haben nichts getan und Sie können uns zu nichts zwingen“, meint der mit dem Eisbeutel. „Ich zwinge Sie zu gar nichts, aber ich verhafte Sie wegen des dringenden Verdachts der versuchten Vergewaltigung“, erklärt Jordan ihm und liest ihnen noch ihre Rechte vor. „So, jetzt werden Sie mitkommen, bis wir das geklärt haben. 

Die drei brüllen uns noch eine Weile an, bis es uns zu blöd wird und wir sie einfach in den Polizeigriff nehmen und abführen. Es wäre ziemlich peinlich, wenn sie wirklich nichts gemacht hätten, aber die Chancen dafür sind kaum existent. Wir bringen sie zum Hovercraft, während sie mit allen möglichen Anwälten und Folgen für uns drohen. 

Meira bleibt im Hotel, um Schadensbegrenzung bei den Gästen zu betreiben und ich begleite Jordan, um die Kerle ins Gefängnis zu bringen. Es ist doch gut, dass wir eines gebaut haben. 

Ich schicke einen der Siedler, die uns auf dem Weg begegnen, zum Krankenhaus, um Mary zu fragen, ob Lea in Ordnung ist und ob sie zur Identifizierung kommen kann. 

„Selbst, wenn wir mit der Frau gesprochen haben“, fängt der eine an, „haben wir nichts getan, was sie nicht wollte.“ 

„Halt dein Maul, du Idiot“, schnauzt ihn einer der anderen an. 

„Klar, sie wollte euch allen so unbedingt näherkommen, dass sie euch verprügelt hat“, meint Jordan sarkastisch, während er sie zusammen in eine Zelle steckt.

Eine halbe Stunde später kommt Lea in Begleitung von Mary.  

„Hallo Lea, wie geht es dir? Ich hoffe, es ist nichts Ernstes passiert?“, frage ich sie. 

„Geht schon. Es war mehr der Schock und ich habe ein paar blaue Flecken abbekommen, als die mich festhalten wollten. Ihr habt sie?“ 

„Ja. Offenbar dachten sie, wir finden nicht rechtzeitig heraus, wer es war, bevor sie morgen abreisen.“ 

„Ich bringe sie einzeln rein, Lea“, erklärt Jordan. „Ist das okay für dich oder möchtest du sie lieber identifizieren, ohne dass sie dich sehen?“ 

„Nein, das ist in Ordnung, ich habe keine Angst mehr.“ 

„Du hast die beiden ja auch sehr effektiv abgewehrt, gut gemacht“, lobe ich sie.

Jordan bringt den ersten rein. Es ist der mit dem blauen Auge.  

„Ja, das ist einer von ihnen“, sagt sie. 

„Was soll das? Du wolltest es doch auch“, behauptet er dreist. 

„Aber nur, wenn du ‚lass mich in Ruhe‘ als Einladung auffasst, du perverses Arschloch“, faucht sie ihn an. Jordan bringt als nächsten den Unverletzten rein und Lea bestätigt, dass er nicht dabei war. Daher spricht zwar nur gegen ihn, dass er Jordan angegriffen hat, aber trotzdem bleibt er in Haft. Als sie den Dritten als Täter identifiziert und seine Drohungen auf taube Ohren stoßen, schwenkt er um und behauptet, der Vorfall sei ein Missverständnis und fragt dann noch, was es ihn kosten würde, das aus der Welt zu schaffen. 

„Deine Entscheidung“, sage ich zu Lea, als der Kerl wieder in der Zelle ist. „Er hat ein Verbrechen begangen, aber du bist das Opfer. Wenn du dich mit viel Geld wohler fühlst, stehen wir dir nicht im Weg.“ 

„Auf keinen Fall”, meint sie entrüstet. Die versuchen das dann nur bei jemand anderem und dafür möchte ich nicht verantwortlich sein. Ich habe hier das perfekte Leben, das mehr Geld nicht verbessern könnte.“ 

„Ich sehe das genauso und finde deine Entscheidung echt toll. Jordan, wie geht es jetzt weiter?”

„Ich nehme Leas Aussage auf und schreibe die Anzeige für die Staatsanwaltschaft, dann schaffen wir die Typen in die Hauptstadt und dort werden sie bis zum Prozess eingesperrt. Im Großen und Ganzen wie fast überall. Die Unterschiede liegen nur im Detail.“ 

„Gut, ich hole morgen neue Gäste ab, dann können wir sie mitnehmen. Wenn möglich, will ich die so schnell wie möglich loswerden.“ 

„Würde es wohl auffallen, wenn ihr die über dem Meer verliert?“, fragt Mary mit einem breiten Grinsen. 

„So unglaublich das auch klingt, aber wahr-scheinlich würde sie schon irgendjemand vermissen. Besser wir lassen sie im Knast verrotten. Das dauert alles sehr lang hier. Die werden die Gastfreundschaft des Staates einige Zeit genießen, bis sie überhaupt einen Prozess bekommen. Oder es kostet sie ein Vermögen für Anwälte.“ 

Unsere drei Gefangenen waren gar nicht begeistert, dass sich Lea auf keinen Deal einlassen wollte und wir sind alle froh, sie bald los zu sein. 

 

Danach beruhigt sich alles recht schnell wieder. Meira hat den anderen Gästen die Situation erklärt und offenbar waren einige erleichtert, dass die aufdringlichen Männer weg sind. Das Leben fällt bald wieder in seinen gewohnten, langsamen Rhythmus. Keiner hier überarbeitet sich, wir haben alle etwas zu tun, aber dazwischen genug Zeit, um am Strand zu liegen, Essen zu gehen, einen Spaziergang im Wald zu machen oder ein Buch zu lesen. Es ist perfekt. 

Auch für Julie. Sie ist wirklich eine gute Malerin. Das zeigt sich vor allem jetzt, da sie die Zeit und Muße dafür hat. Ihre Bilder verschönern das Hotel und sie konnte sogar schon ein paar ihrer Werke verkaufen.

 

 

Kapitel 2 - Das Internat
​

Nachdem ich mir den Vorschlag von Direktor Becker, ein Internat aufzubauen, ziemlich lang habe durch den Kopf gehen lassen und es ja eine wirklich gute Idee ist, wurde es Zeit, diese Idee tatsächlich umzusetzen. Nicht zuletzt wegen unserer tollen Erfahrung in Spanien, die uns in guter Erinnerung geblieben ist. 

Da unsere Schule sozusagen am Ortsrand liegt, war es nur logisch, den Bereich für das Boardinghouse, also den Wohnbereich der Internatsschüler, an den rückwärtigen Bereich anzuschließen. Dieser liegt zwar räumlich nicht direkt an der Schule, aber die Kinder müssen lediglich einen überdachten Gang entlanggehen, um zum Schulgebäude zu kommen. 

Jeder Schüler hat sein eigenes Zimmer, für das er auch verantwortlich ist. Auch wenn die Eltern einiges zahlen, um ihre Kinder hierherzuschicken, heißt das nicht, dass ihnen der Hintern abgewischt wird. Wie sollen sie sonst je lernen, für sich selbst zu sorgen. 

Der Direktor ist der Meinung, dass wir ohne weiteres 20 weitere Schüler unterrichten können, ohne dass die Klassen auch nur annähernd zu groß werden oder wir weitere Lehrer suchen müssen.

 

Nachdem wir den Entschluss gefasst und mit den Bauarbeiten begonnen haben, schickt Meira ein Rundschreiben an Promis mit Kindern, die hier teilweise auch schon eine Familienzeit ohne Störungen genossen haben.

Natürlich ist das nicht für jeden interessant, aber dennoch melden sich einige bekannte Persön-lichkeiten an, um sich das ganze vor Ort anzusehen. Teilweise auch Leute, die wir noch gar nicht kennen, die aber von ihren Freunden davon gehört haben. 

Die Schwierigkeiten, die sich ergeben, wenn die Kinder von Stars oder anderen in der Öffentlichkeit stehenden Personen in die Schule müssen, kennt jeder, der im Rampenlicht steht. 

 

Wir dachten uns, dass wir die Internatsschüler im nächsten Jahr zu Schulbeginn aufnehmen. Ein paar der Eltern waren jedoch so begeistert von der Idee, ihre Kinder weit weg von der superneugierigen Presse in Sicherheit zu wissen, dass sie uns gebeten haben, sie doch schon früher aufzunehmen. Ein Elternpaar war nach einem gerade noch vereitelten Entführungsversuch geradezu verzweifelt auf der Suche nach einer dauerhaften Lösung.

Ich denke, man kann sich viel Neid ersparen, wenn man bedenkt, dass das Erfolgreich sein anscheinend gar nicht so perfekt ist. Klar, jeder kennt und bewundert einen, außerdem ist das Geld ja auch nicht zu verachten, aber auf der Negativseite steht, dass fast jeder einen kennt und man keinen privaten Moment mehr hat. Manche mögen darauf stehen, aber spätestens, wenn Familie mit ins Spiel kommt, werden das immer weniger.

Nicht alle Kinder sind jedoch so begeistert wie ihre Eltern. Einige genießen die Aufmerksamkeit, die man als ‚secondhand’ Promi bekommt. Andere haben es geschafft, Freunde zu finden, die sie nicht gerne verlassen möchten. 

Für uns ist es wichtig, dass die Kinder auch wirklich dahinterstehen und von sich aus hierherkommen wollen. Auch wenn es toll ist, dass das Internat uns eine gute Summe im Jahr einbringt, wirklich angewiesen sind wir nicht darauf und daher bestehen wir darauf, dass alle, sowohl die Eltern als auch die Kinder und ebenso der Direktor zustimmen, bevor wir einen Schüler aufnehmen. Sicher, ein paar Eltern sind ein wenig angesäuert, dass wir nicht einfach ja sagen, aber auf Dauer würde das mehr Probleme bringen, als es wert ist.

Wie auch immer, nach den Weihnachtsferien kommen bereits die ersten Internatsschüler. Ein paar Wochen später haben wir daher eine Besprechung mit Direktor Becker, denn wir wollen uns ein Bild machen, wie die Integration der Neuen abläuft. Er hat uns zwar zwischendurch immer mal ein Update gegeben, aber wir möchten gerne herausfinden, ob es Verbesserungsbedarf gibt.

„Na, wie machen sich die Neuen?“, frage ich ihn, nachdem wir uns in seinem Büro hingesetzt und ihn begrüßt haben. 

„Eigentlich besser, als ich erwartet hatte“, meint er. „Die bisherigen Schüler sind ja Berühmtheiten gewohnt und lassen sich von deren Kindern nicht einschüchtern. Die werden einfach so in die Gemeinschaft integriert und verteilen sich auf die unvermeidlichen Gruppen. Ein paar der Neuen sind es wohl gewohnt, dass ihnen das normale Volk aus der Hand frisst. Sie hatten etwas länger gebraucht, bis sie sich dran gewöhnt haben, aber mittlerweile läuft es reibungslos.“ 

„Und wie ist es mit dem Wissensstand? Schließlich kommen die aus allen möglichen Schulsystemen und Ländern?“, fragt Meira. 

„Ja, das bedarf tatsächlich eines Anpassungs-prozesses, der auch noch läuft, aber ich kann mit einigem Stolz sagen, dass wenige so weit sind wie wir hier“, erklärt er uns mit einem breiten Lächeln. „Für die Neuen haben wir daher zusätzliche Klassen, in denen sie das Defizit nachholen können. Besonders bei den Sprachen haben wir jetzt zusätzliche Anfängerklassen. Es spielt sich aber langsam ein. Ich bin sicher, dass bis zum Sommer, wenn die nächsten kommen, diese Gruppe hier ‚up to date’ ist. Ich weiß, dass fast alle Plätze belegt sind, aber wir hätten noch Kapazitäten für die ganz Jungen anzubieten. Wenn ihr das wollt, könnt ihr vielleicht noch ein paar Anbauten machen und 8 bis 12-Jährige zusätzlich aufnehmen. Wir könnten für diese Gruppe auch ein etwas größeres Haus bauen und sie zusammen mit einem Betreuerehepaar wohnen lassen. Dann bekommen die Kinder etwas Familiennormalität mit. Ich glaube sogar, das wäre auch für die bis 15-Jährigen nicht verkehrt.“ 

„Das ist eine super Idee“, begeistert sich Meira. Die Schüler, die bisher gekommen sind, sind alle über 16. Daher können wir das Konzept noch ohne weiteres ändern. Ich werde direkt mal mit Steven sprechen, damit er einen Entwurf für ein solches Haus macht. Wie viele Kinder wären denn ideal für ein solches Konzept?“ 

„Ich denke mal, nicht mehr als drei. Sie sollten ein eigenes Zimmer mit Bad haben und sich das Wohnzimmer und das Esszimmer teilen. Die älteren gehen ja alle in den Restaurants essen, aber für die Kleinen wäre es sicherlich besser, wenn im Haus gekocht wird und sie gemeinsam essen.”

„Das klingt doch toll“, sage ich. „Jetzt müssen wir nur noch Paare finden, die als Ersatzfamilie fungieren möchten und bereit sind, dort zu wohnen. Am besten suchen wir dafür direkt neue Siedler. Die, die bereits hier sind, haben sich schon eingelebt und sie würden sich bestimmt nicht wohlfühlen, wenn sie umziehen müssten.“ 

„Ideal wären Paare, die selber keine Kinder haben können. Davon gibt es ja leider einige. Sie wären sicherlich begeistert, auf diese Weise eine Familie zu bekommen. Natürlich müssen auch die Eltern der Kinder einverstanden sein. Wir werden das den neuen Interessenten direkt vorschlagen und ich werde die beiden Anmeldungen aus der Alters-gruppe direkt anrufen und fragen, wie sie das sehen.“

Schreibt mir gerne wenn ihr Anregungen oder Fragen habt, ich freue mich darauf von euch zu hören.

Wer Interesse hat, Testleser für mein neues Buch zu werden .... schickt mir einfach eine E-Mail.

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