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Auswandern, Freundschaft, gute Laune, Südseeinsel, Autos, Flugzeuge, Urlaubslektüre, Reiselektüre, Adrenalin, noch mal Jung

LESEPROBE

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DAS INSELABENTEUER

Buch 1 - VORBEREITUNGEN

Kapitel 1
HOSPIZ, 23. JULY 2027

 

Ich bekomme nur unbewusst mit, dass die Tür aufgeht und jemand ins Zimmer kommt. Erst als ich zur Seite gedreht werde, damit mir die Krankenschwestern den Hintern saubermachen können, komme ich zu mir. Ich würde am liebsten schreien, dass sie mich in Ruhe lassen sollen, nur dummerweise fehlt mir dazu die Kraft.  

Die Schwestern unterhalten sich über die neuesten Nachrichten. Offenbar hat der nordkoreanische Diktator wieder mal einen Höhenflug und droht erneut mit Atomwaffen. Im Nahen Osten sind die Taliban ebenfalls an eine Atombombe gekommen und wollen endlich ernst genommen werden - als ob. Zum Glück haben sich wenigstens die Russen wieder beruhigt, nachdem sie jahrelang versucht haben, ihren Machtbereich auszudehnen. Wurde aber auch Zeit, dass jemand diesen Präsidenten kaltstellt. All das bekomme ich am Rande mit. Nicht, dass es mich in meiner Situation tatsächlich belastet. Aber ‚Old habits die hard’, wie man so schön sagt. Man kommt aus alten Gewohnheiten einfach nicht so leicht raus. Da ich sonst nicht viel tun konnte, habe ich jahrelang interessiert die Nachrichten verfolgt und jetzt höre ich sie mir zumindest an, wenn ich die Gelegenheit habe.

 

Mein ganzes Dilemma fing vor 4 Jahren an. Weil ich an Gleichgewichtsstörungen litt und immer öfter gefallen bin, habe ich einen Arzt konsultiert. Er konnte sich erst keinen Reim darauf machen, da alles soweit in Ordnung war, aber als ein Bluttest Krebsmarker zeigte, wurde ich zu einem Facharzt überwiesen. Beim MRT stellte sich dann heraus, dass sich bei mir ein Hirntumor breitgemacht hat, der so ungünstig liegt, dass er nicht operiert werden kann. Ich hatte schon seit langem immer wieder mal Kopfschmerzen und sogar doppelt gesehen. Nein, nicht, weil ich getrunken hatte, sondern einfach so aus dem Nichts heraus, aber nach ein paar Paracetamol hatte sich das immer schnell wieder gelegt. Die Ärzte sagen, dass dies die ersten Anzeichen waren und wenn ich damit direkt zu einem Arzt gegangen wäre, hätte der Tumor ohne große Probleme behandelt werden können. 

Hätte, wäre, würde … wer geht schon wegen Kopfschmerzen zum Arzt und welcher Arzt macht deswegen ein MRT. Es ist wie es ist und ich muss jetzt damit leben, oder besser gesagt, sterben.

 

Ja, das war’s dann wohl. Ich habe in meinem Leben so viele Hindernisse überwunden und jetzt ist Endstation. Hier komme ich nicht mehr lebend raus. Ich war 60, als ich die Diagnose bekam und eigentlich war ich, trotz aller Rückschläge, soweit ganz zufrieden mit meinem Leben, auch wenn ich bei weitem nicht das erreicht habe, was ich mir vorgenommen hatte. Fast drängt sich mir der Eindruck auf, als habe das Schicksal sich einen Spaß daraus gemacht, mir bei jeder Gelegenheit Steine in den Weg zu legen. Die meisten konnte ich zwar wegräumen, dennoch bin ich oft genug auf die Nase gefallen und mit der Zeit wurde es ganz schön anstrengend, sich immer wieder aufzurappeln und weiterzumachen.

 

Jetzt, 4 Jahre später, ist auch der letzte Rest meiner Energie verbraucht und ich warte nur noch auf das Ende. Die ganzen Chemo-Therapien waren vergebens und haben mich nur noch mehr geschwächt. Man hat mich schließlich in ein Hospiz verlegt, wo ich meine letzten Tage verbringe und zu 100% auf Pflege angewiesen bin. Das ist, glaube ich, das Schwerste, wenn man immer selbst für sich gesorgt und sogar andere gepflegt hat, hilflos dazuliegen und das alles über sich ergehen lassen zu müssen. 

Meine Frau hat mich bereits vor 15 Jahren verlassen. Sie konnte es nicht mehr ertragen, dass ich mit immer neuen Ideen erfolglos versucht habe, unser Leben zu verbessern. An Ideen hat es mir tatsächlich nie gemangelt, nur an den Mitteln sie umzusetzen und auch an einem Polster, um Anfangsschwierigkeiten aufzufangen. Es war mir einfach nicht möglich gewesen, das Schicksal zu verbiegen und damit habe ich mich selber so sehr unter Druck gesetzt, dass ich meine Beziehung zerstört habe. Unser Sohn lebt in Kanada und ich habe nur wenig Kontakt zu ihm. Daher wollte ich auch nicht, dass er von meiner Krankheit erfährt. Er hat sein eigenes Leben und es ist nicht nötig, es länger mit Sorgen zu belasten als notwendig. Es würde keinem von uns beiden helfen. Möglicherweise sieht er das anders, aber mir ist es so lieber.

 

Jetzt bleibt mir nur noch zu träumen und das tue ich während der letzten Jahre in jeder klaren Sekunde. Alleine schon, um mich abzulenken. Einer meiner Lieblingsträume ist, nochmal neu anzufangen. Was würde ich anders machen? Vielleicht mit 14 neu durchstarten, aber mit dem Wissen, das ich mir im Laufe meines Lebens angeeignet habe? Wäre das die Lösung? Würde mein Leben dann glücklicher verlaufen? …

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Kapitel 2
EIN TRAUM?

 

Eines Morgens wache ich mit dem unguten Gefühl auf, dass irgendetwas nicht stimmt. Ich schaue mich vorsichtig um und kann nicht glauben, was ich sehe – ich befinde mich in meinem alten Kinderzimmer. Was soll das? Wie kann das sein? Ist das ein Traum? Bin ich verrückt geworden? Wo ist das Krankenzimmer und wieso bin ich nicht schlapp wie ein nasser Waschlappen?

 

Okay, erstmal tief Luft holen, Augen zu und nachdenken. Ich versuche logisch vorzugehen und überlege, was ich zuletzt getan habe oder an was ich mich erinnern kann. Ich wurde für die Nacht fertiggemacht. Eine Schwester hat mich nochmal saubergemacht und mir meine Tabletten eingeflößt. Nachdem sie gegangen ist, habe ich ein seltsames Brummen gehört und einen Druck in meinem Kopf gefühlt. Das ist meine letzte Erinnerung. Gut, um auszuschließen, dass ich träume, kneife ich mich mal kräftig. Autsch, nein, es ist kein Traum. Bleibt die Frage, ob ich fantasiere. Das ist ja gut möglich bei einem Hirntumor. Aber auch, wenn ich diese Einschätzung eigentlich einem Experten überlassen müsste, kann ich mir das wirklich nicht vorstellen, denn selbst wenn ich fantasiert habe, hatte ich immer unbewusst einen Bezug zur Realität und ich wusste, dass es eigentlich nicht wahr ist. Es war irgendwie ein zweigleisiges Denken, wobei das Fantasiegleis für kurze Zeit dominant war. Das hier kommt mir viel zu real vor, um eine dieser Fantasien zu sein. Ich bin viel zu klar im Kopf und es gibt nur ein Gleis. 

Nun, den Beweis dafür oder dagegen muss ich wohl noch ein wenig aufschieben. Aber, wenn ich davon ausgehe, dass in meinem Schrank noch alle Tassen vollzählig vorhanden sind, dann bleibt nur noch eine einzige – unvorstellbare – Möglichkeit offen – das alles geschieht tatsächlich.

 

Exakt diesen Moment wählt meine Mutter, um ins Zimmer zu kommen und mich aufzuwecken. Mein Gott, sie ist so jung! Es ist schön und beängstigend zugleich, sie so zu erleben, denn in meiner Erinnerung sah ich sie das letzte Mal, als sie im Sterben lag, im Endstadium von Alzheimer. Das war vor sechs Jahren.

 

Ich erinnere mich, dass sie mich früher, als ich noch zur Schule ging, immer aufwecken musste. Im Laufe der Jahrzehnte hat sich das geändert, aber damals konnte ich schlafen ohne Ende. Ich kann mich sogar daran erinnern, dass ich irgendwann eine Sirene mit einer Zeitschaltuhr unter dem Bett hatte, die das ganze Haus aufgeweckt hat, nur mich nicht.

 

Ich weiß nicht, warum mir das jetzt durch den Kopf geht, da es im Grunde momentan absolut nebensächlich ist, denn was gerade mein ganzes Ich erfüllt, ist pure Panik. Ich weiß nicht, was los ist und habe keine Ahnung, was ich jetzt tun soll. Bin ich gestorben? Das wäre das wahrscheinlichste Szenario, wenn ich meine Situation realistisch betrachte. Nur weshalb geschieht das hier? Ich brauche mehr Zeit, um herauszufinden, was hier vor sich geht. Zum Glück sehe ich wohl so aus, wie ich mich fühle. Meine Mutter schaut ganz besorgt und fragt mich, wieso ich so blass und verschwitzt bin. 

„Ich fühle mich nicht so gut. Vielleicht bleibe ich heute besser im Bett.“ Ist das wirklich meine Stimme? So hoch und fipsig? Fast hätte ich darüber gelacht, aber das Lachen bleibt mir im Hals stecken.

 

Wenn ich so darüber nachdenke, hatte ich bei meiner Mutter eigentlich kaum je eine Chance im Bett zu bleiben wenn ich mich nicht gut fühlte und daher hatte ich in der Schule im Grunde nie gefehlt. Trotzdem sehe ich wohl offenbar schlecht genug aus, um selbst meine Mutter zu überzeugen. 

Sie geht raus, um mir einen heißen Kakao zu machen, was schon immer ihr Allheilmittel für ein krankes Kind war. Daher bleibe ich also vorerst allein mit meinen Gedanken und habe weiterhin keine Ahnung, was ich tun oder womit ich überhaupt anfangen soll. Mir fallen hunderte Romane über Zeitreisen, Paralleluniversen, lineare Zeitschienen und was weiß ich nicht alles ein, die ich über die Jahre gelesen hatte, aber eine Hilfe sind sie gerade nicht.

Vielleicht verschaffe ich mir erstmal einen Überblick darüber, wer und vor allem auch ‚wann´ ich gerade bin. Beim Aufstehen wird mir bewusst, wie anders ich tatsächlich bin. Zunächst mal bin ich viel kleiner als gewohnt. Zum anderen stecke ich voll Energie und es tut gar nichts weh. Ein echter Vorteil, ein Kind oder besser gesagt, ein Teenager zu sein, dass muss ich zugeben. Also, dann werde ich mal herausfinden, was für ein Datum wir haben. Oder gibt es doch eine Hölle und ich bin in ihr gelandet, um alle meine Fehler noch einmal zu erleben? Wie auch immer, erstmal mitspielen.

 

Schon wieder ein Schock – es gibt ja noch gar keine Handys. Wie kam man bloß früher ohne sie zurecht? Wie wusste man jederzeit das Datum oder die Uhrzeit? 

Na gut, dann mache ich mich mal auf die Suche nach einer Zeitung oder einem Kalender. Aber zuerst gehe ich ins Bad, wo ich beim Blick in den Spiegel erneut einen Schock versetzt bekomme. Bin das ich? Habe ich wirklich mal so ausgesehen? Erinnerungen an Fotos aus der Zeit scheinen das zu bestätigen, aber trotzdem kann ich kaum glauben, dass ich mal so klein und dünn war. Ich muss mich echt zusammenreißen, damit ich nicht ausflippe. Mein neues Mantra ist ab sofort: ‚alles wird gut’ – jetzt muss ich nur noch daran glauben. Tief Luft holen und durch. Nachdem ich mich frisch gemacht habe, gehe ich in die Küche. Ich versuche locker zu sein, auch wenn ich eigentlich total angespannt bin, da ich nicht weiß, was mich erwartet und auch nicht, wie ich mich verhalten soll. Meine Mutter sieht mich zwar besorgt an, verhält sich allerdings völlig normal, so als sei alles in Ordnung, abgesehen von meinem nicht so ganz gesunden Aussehen.

 

„Sag mal, was ist heute für ein Tag?“, frage ich. „Freitag“, antwortet meine Mutter. Okay, das hilft ja so gar nicht. 

 „Nein, ich meine welches Datum haben wir genau – äh, und welches Jahr?“ Sie schaut mich an, als sei ich ein Fall für die Demenz-Station in dem Altersheim, in dem sie arbeitet. Soll ich ihr sagen, was mit mir passiert ist? Aber so ganz genau weiß ich das ja selber nicht. Wahrscheinlich hält sie mich dann für völlig übergeschnappt und ich könnte ihr das nicht einmal verübeln. Also helfe ich mir mit einer Halbwahrheit. 

„Ich hatte einen üblen Albtraum und bin noch immer völlig verwirrt. Kannst du mir einfach das Datum sagen, damit ich mich wieder eichen kann?“ 

„Es ist der 23. Juli 1977.“ Sie sagt das, als sei es die normalste Sache auf der Welt – was es für sie wohl auch ist. Nur für mich eben nicht. Mann, dann bin ich ja erst 14 Jahre alt. Eigentlich genau das Alter, das ich in meinen Fantasien für perfekt gehalten habe, um nochmal neu zu starten und alle Fehler, die ich je gemacht habe, zu vermeiden. Was ist das? Schicksal? Oder spielt da wirklich noch einer mit? Aber an einen Gott glaube ich eigentlich nicht mehr, ungefähr seit ich 14 war. Ich tendiere mehr zum Pantheismus. 

Und noch immer stellen sich mir die gleichen Fragen: Was soll ich davon halten? Was soll ich jetzt tun? Was ist mit meinem alten Leben? Ich mache mir keine Sorgen um mein altes Ich. Wahrscheinlich finden sie mich jetzt gerade tot im Bett, aber das ist dann wirklich keine Überraschung. Nur darüber nachzudenken, verschafft mir zu allem anderen noch gehörige Kopfschmerzen. Also trete ich vorerst den Rückzug an. 

„Ich lege mich besser nochmal hin. Hast du eine Kopfschmerztablette?“, frage ich meine Mutter. Sie versichert mir, dass das wohl das Beste sei und dass sie mir eine bringen wird. Das Ganze muss ich ja auch wirklich erstmal versuchen zu verdauen und dann werde ich mir überlegen, was zu tun ist.

 

Am besten sammele ich erstmal Fakten und stelle dann einen Schlachtplan auf. Die Möglichkeiten sind unvorstellbar, vorausgesetzt, ich wache nicht aus einem wirklich tollen Traum auf. Mir fällt der Film ‚Und ewig grüßt das Murmeltier‘ ein, in dem Bill Murray immer nur 24 Stunden hatte, um sein Leben in die richtige Bahn zu lenken. Wäre das bei mir eine ähnliche Zeitschleife, hätte ich immerhin 50 Jahre. Damit ließe sich dann schon etwas anfangen.

Jetzt mache ich erstmal Inventur. Es kommt mir vor, als wenn ich noch alles wüsste, was ich im Laufe meines Lebens gelernt habe. Nicht alle Details, aber doch vieles. Sprachen, die ich gelernt habe und auch andere Fähigkeiten, die ich mir angeeignet habe. Zumindest theoretisch kann ich noch das, was mir im Kampfsport schmerzvoll beigebracht wurde – ob das Muskelgedächtnis noch da ist, wird sich im Notfall herausstellen müssen. Was das Reiten oder Autofahren angeht, das wird wohl so schnell nicht möglich sein, aber das verlernt man ja sicher auch nicht so leicht.

 

Jetzt mache ich mich erstmal daran, meine Schultasche zu durchsuchen, die Hausaufgabenhefte nachzulesen und zu schauen, ob ich das alles noch draufhabe. Es soll doch niemand merken, dass ich nicht nur nicht mehr der alte bin, sondern sogar noch viel älter, aber darauf gehe ich besser erst gar nicht ein. 

Kann ich mich wirklich nochmal wie ein 14-Jähriger benehmen? Eigentlich unvorstellbar. Mit Sicherheit fliege ich direkt auf, denn ich war schon lange nicht mehr in meiner Heimatstadt und habe mich nie um alte Beziehungen gekümmert. Erkenne ich überhaupt noch jemanden und kann ich mich an die Namen erinnern? 

Positiv ist, dass, meinen Notizen zufolge, nach dem Wochenende fast direkt die Sommerferien anfangen. Ich muss also versuchen, zuhause zu bleiben und auf keinen Fall in die Schule zu gehen.

Meine Eltern sind natürlich ein ganz anderer Fall. Denen kann ich nicht aus dem Weg gehen. Aber ich denke, ich lasse es erstmal auf mich zukommen und wenn unbedingt nötig, werde ich versuchen, es ihnen zu erklären. Mann, ist das eine verzwickte Situation. Voller Herausforderungen und nicht gerade einfachen – allerdings bin ich begeistert von den Möglichkeiten.

Schreibt mir gerne wenn ihr Anregungen oder Fragen habt, ich freue mich darauf von euch zu hören.

Wer Interesse hat, Testleser für mein neues Buch zu werden .... schickt mir einfach eine E-Mail.

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